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EINSATZ VON ALTERNATIVMEDIZIN

Eine Patientin macht gegen einen Zahnarzt Schadenersatzansprüche aus einer fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung geltend. Wegen einer von dem Zahnarzt so bezeichneten „Herd- und Störfeldtestung“ mit „mehrfachem Zahnherdgeschehen mit Abwanderung von Eiweißverfallsgiften in den rechten Schläfen- und Hinterkopfbereich und bis in den Unterleib“ empfahl der Zahnarzt die operative Entfernung sämtlicher Backenzähne und die „gründliche Ausfräsung des gesamten Kieferknochens“. Die Patientin unterzog sich der empfohlenen Behandlung und nahm daraufhin den Zahnarzt wegen Pflichtverletzung aus dem abgeschlossenen Behandlungsvertrag auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch.

 

Der Bundesgerichtshof hat am 30.05.2017 zum Einsatz von Alternativmedizin entschieden:

 

  1. Die Entscheidung des Arztes für die Wahl einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode (hier: ganzheitliche Zahnmedizin) setzt eine sorgfältige und gewissenhafte medizinische Abwägung von Vor- und Nachteilen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und des Wohls des konkreten Patienten voraus.
  2. Bei dieser Abwägung dürften auch die Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten der Schulmedizin nicht aus dem Blick verloren werden.
  3. Je schwerer und radikaler der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten ist, desto höher sind die Anforderungen an die medizinische Vertretbarkeit der gewählten Behandlungsmethode.

BGH, Urteil vom 30.05.2017 – VI ZR 203/16

Rechtsanwalt Dr. Werner Burkhardt, Fachanwalt für Medizinrecht

RA Lutz Weiser, Fachanwalt für Medizinrecht

Unserem Selbstverständnis zur regelmäßigen Fortbildung, Spezialisierung und dem Erwerb von Fachanwaltschaften entsprechend freuen wir uns einen weiteren Nachweis hierfür bekannt geben zu dürfen. Unser geschätzter Kollege, Rechtsanwalt Lutz Weiser, hat seine besonderen theoretischen Kenntnisse und vertiefte praktische Erfahrung nachgewiesen und ist ab sofort berechtigt, den Titel „Fachanwalt für Medizinrecht“ zu führten. Den Nachweis finden Sie hier

Erhöhte Reinigungskosten wegen Laubbefall vom Nachbarn zu erstatten

Hohe Bäume führen oft wegen des starken Laubbefalls und der Verschattung zu großem Ärgernis – insbesondere, wenn es sich um Bäume auf dem Nachbargrundstück handelt.

Hohe Bäume müssen einen bestimmten Abstand zum Nachbargrundstück aufweisen. Die Beseitigung der rechtswidrig zu nahe an der Grenze gepflanzten Bäume kann jedoch nach 5 Jahren verfristet oder verjährt sein. Die Beseitigung kann nicht mehr verlangt werden.

Kommt es aber zu wesentlichen Beeinträchtigungen durch die Bäume, kann der beeinträchtigte Grundstücksnachbar vom Baumeigentümer Ersatz für die zusätzlichen Reinigungskosten verlangen.Die Beeinträchtigungen müssen aber das „zumutbare Maß“ übersteigen. Es muss z.B. nachgewiesen werden, dass durch das abfallende Laub Dachrinnen und Abflüsse des Hauses häufiger als sonst nötig gereinigt werden müssen. Diese zusätzlichen Kosten können sodann geltend gemacht werden.

Kosten, die für die Verschattung durch Bäume entstehen (Beseitigung von Dachvermoosung, Kosten für Obst, was gekauft werden muss, weil es wegen des Schattens nicht gedeiht) können dagegen nicht verlangt werden.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.10.2017 Az V ZR 8/17).

Rechtsanwältin Claudia Bronner, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht 

Zur Übernahme der Kosten eines selbstständigen Beweisverfahrens in Arzthaftungssachen durch den Rechtschutzversicherer

In Arzthaftungsangelegenheiten ist regelmäßig ein medizinisches Gutachten erforderlich, um beurteilen zu können, ob dem Arzt ein Behandlungsfehler unterlaufen ist.

Ein solches Gutachten kann beispielsweise im Rahmen eines sogenannten selbständigen Beweisverfahrens durch ein Gericht eingeholt werden. Die damit verbundenen Kosten haben Rechtschutzversicherer nach einer aktuellen Entscheidung des OLG München (Urteil vom 30.06.2017 – 25 U 4236/16) selbst dann zu übernehmen, wenn der Arzt zuvor zu erkennen gegeben hat, auch bei Bestätigung eines Behandlungsfehlers hierfür nicht einstehen zu wollen. Es genüge bereits die Möglichkeit, dass der Patient aufgrund der Ergebnisse des Gutachtens von einer weiteren Verfolgung etwaiger Ansprüche absieht.

Die Entscheidung stärkt die Position geschädigter Patienten, weil die gutachterliche Prüfung häufig erhebliche Kosten verursacht, vor denen Betroffene nicht selten zurückschrecken.

Rechtsanwalt Lutz Weiser, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht

Behandlung von Oder-Konten und Einzelkonten von Ehegatten

Bei der Überweisung von Geldern auf Oder-Konten oder Einzelkonten von Ehegatten ist in steuerlicher Hinsicht Vorsicht geboten.

Schon früher hatte der Bundesfinanzhof zu einem (inländischen) Oder-Konto entschieden, dass den Ehegatten grundsätzlich dieses als Gesamtgläubiger im Innenverhältnis zuzurechnen ist, sodass im Verhältnis zueinander die Ehegatten zu gleichen Anteilen berechtigt sind, über das Konto zu verfügen (BFH vom 23.11.2011, II R 33/10). Deshalb kann bei Einzahlung von nur einem Ehegatten eine sogenannte „freigebige Zuwendung“, d. h. eine Schenkung an den anderen Ehegatten vorliegen.

Inzwischen hat der BFH (Urteil vom 29.06.2016, II R 41/14) zu einem Einzelkonto entschieden, dass dieses grundsätzlich dem Ehegatten-Kontoinhaber alleine zuzurechnen ist. Ausnahmsweise kann jedoch bei einem Einzelkonto auch eine teilweise Berechtigung der Ehegatten vorliegen. Überweist also der andere Ehegatte (oder ein Dritter für den anderen Ehegatten) Geld auf das Konto des Ehegatten-Kontoinhabers, kann darin ebenfalls eine Schenkung des anderen Ehegatten an den Ehegatten-Kontoinhaber liegen.

In dem streitigen Fall hatte der Ehemann einen hohen Geldbetrag von seinem Einzelkonto auf das Einzelkonto seiner Ehefrau übertragen. Das Finanzamt wollte den gesamten Geldbetrag als Schenkung berücksichtigen. Die Ehefrau wandte ein, die Hälfte des Betrages habe ihr schon seit mehr als zehn Jahren zugestanden und habe sich nur auf dem Konto des Ehemanns befunden. Da die Ehefrau hierfür keinen Nachweis erbringen konnte, wurde die gesamte Übertragung der Schenkungsteuer unterworfen.

Was folgt daraus?

Geldbeträge, die nur einem Ehegatten zustehen, sollten auch auf dessen (Einzel-) Konto verwaltet werden. Bei Übertragungen auf das Konto des anderen Ehegatten oder auf ein Oder-Konto muss ein tragfähiger Nachweis vorliegen, wem des Geld zusteht.

Die Erteilung einer Bankvollmacht über das Konto reicht dabei nicht aus.

 

Rechtsanwalt Andreas Schnitzler, Fachanwalt für Steuerrecht