13. Januar 2020

Die missglückte vorweggenommene Erbfolge durch Übertragung des Eigentums an einem geerbten Familienheim

Der Fall:

Nach dem Tod ihres Ehemannes hatte die Witwe das bisher gemeinsam bewohnte Einfamilienhaus geerbt und fortan allein bewohnt. Anderthalb Jahre nach dem Erbfall schenkte sie das Haus ihrer Tochter. Sie behielt sich jedoch einen lebenslangen Nießbrauch vor und blieb weiterhin in dem Einfamilienhaus wohnen.

Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG rückwirkend nicht mehr. Die Klage vor dem Finanzgericht und dem BFH waren ohne Erfolg.

Begründung:

Steuerfrei ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem sogenannten Familienheim von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten/Lebenspartner. Die Immobilie muss beim Erwerber unverzüglich „zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken“ bestimmt sein.

Die Steuerbefreiung entfällt mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

Der BFH bestätigte das rückwirkende Entfallen der Steuerbegünstigung. Mit der Steuerbefreiung habe der Gesetzgeber den familiären Lebensraum schützen und die Bildung von Wohneigentum durch die Familie fördern wollen. Deshalb könne die Befreiung nur derjenige überlebende Ehegatte oder Lebenspartner in Anspruch nehmen, der Eigentümer der Immobilie wird und sie selbst zum Wohnen nutzt. Wird die Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb aufgegeben, entfällt die Befreiung rückwirkend. Gleiches gilt bei der Aufgabe des Eigentums, denn andernfalls könnte eine Immobilie steuerfrei geerbt und kurze Zeit später weiterveräußert werden.


Gegenausnahme:  
Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht weg, wenn der Erwerber aus zwingenden Gründen an der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 5 ErbStG).

Als zwingende Gründe werden folgende Fallgestaltungen diskutiert:

  • sofern der Erwerber hilfsbedürftig wird und in einer Seniorenresidenz oder in einem Pflegeheim untergebracht werden muss
  • die finanzielle Überlastung des Erwerbers, weil er sich den Unterhalt des übernommenen Hauses nicht mehr leisten kann.

Fazit:
Bei erbschaftssteuerlichen Beratungen sind detaillierte Kenntnisse des Steuerrechts unverzichtbar. Gerne beraten wir Sie hierzu.

Christian Unkelbach

Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht